Ärger im Veltener Stadtparlament: CDU, AfD und NPD stimmen gemeinsam für Antrag
Die Berliner Zeitung zitiert Brandenburgs Linken-Chefin Mayer mit den Worten: "Ganz offensichtlich hat die Brandenburger CDU kaum Berührungsängste mit dem rechten Rand. Der Beifall der Landesspitze für den Tabubruch von Thüringen reiht sich hier nahtlos in die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit AfD – und in diesem Fall sogar der NPD – auf kommunaler Ebene ein."
Hintergrund ist ein Antrag der Wählerinitiative Pro Velten, die bei den Kommunalwahlen im Jahr 2019 mit 35 Prozent die stärkste Kraft im Stadtparlament wurde. Der Antrag fordert ein Moratorium, also einen Baustopp für Projekte mit mehr als 50 Wohneinheiten in Velten. Laut der Wählerinitiative solle erst die Infrastruktur, also zum Beispiel Schulen und Kindergärten, erweitert werden, bevor weiter in großem Umfang gebaut wird.
Eine Mehrheit im Stadtparlament sprach sich zudem auch gegen eine Anbindung an die Berliner S-Bahn aus. Laut Pro Velten ist die "weitere Forderung der S-Bahn nach Velten abwegig". Vorrang soll stattdessen die direkte Anbindung vom Prignitz-Express bis nach Gesundbrunnen haben. Die Beschlüsse wurden von SPD, FDP und Linken scharf kritisiert. Das lag auch daran, dass die erforderliche Mehrheit nur deswegen zustande kam, weil Abgeordnete von Pro Velten dafür stimmten, aber eben auch der einzige Abgeordnete der rechtsextremen NPD sowie zwei der drei AfD-Abgeordneten und der CDU-Vertreter.
Die Linke wirft der CDU nun einen weiteren Tabubruch vor. Veltens Fraktionschef der Linkspartei Alexander Moser-Haas, der auch Vize-Chef der Stadtverordnetenversammlung ist, sagte gegenüber der Berliner Zeitung:
Die AfD hat ganz klar rassistisch argumentiert, sie hat ganz klar gesagt, dass ihr zu viele Ausländer in die Stadt ziehen – und der CDU-Fraktionsvorsitzende hat sich davon nicht distanziert, sondern hat mit ihnen gestimmt.
Und er ergänzte: "Herr Ruffert steht für die Linie der CDU-Öffnung nach Rechtsaußen." Das sei Programm bei ihm, und deshalb habe es bereits Austritte aus der CDU in Velten gegeben. "Vor diesem Hintergrund wundert es mich nicht, dass Herr Ruffert gestern mit AfD und NPD gestimmt hat."
Tatsächlich kassierte die Bemerkung von Heiko Gehring (AfD) während der Debatte Buh-Rufe, da er einen Zuzug von Ausländern befürchtet. Zudem soll laut dem Bericht in der Berliner Zeitung eine AfD-Abgeordnete einen Artikel im Stadtparlament verlesen haben, in dem es hieß, dass mehr als 40 Prozent all jener, die in den vergangenen Jahren nach Velten gekommen sind, einen Migrationshintergrund hätten. Daraufhin sei aus der Fraktion der Linken der Ruf: "Rassisten, Neonazis" ertönt.
Linken-Landesvorsitzende Anja Mayer sieht sich laut Berliner Zeitung durch diese Entwicklung in ihren Befürchtungen bestätigt:
Mit der Stimme eines CDU-Politikers sollen die Chancen der Veltener auf bezahlbare Wohnung und S-Bahn-Anschluss der Angstmache geopfert werden.
Die Beschlüsse hätten weitreichende Folgen: "Noch unter Rot-Rot haben Brandenburg und Berlin mit dem gemeinsamen Landesentwicklungsplan die Weichen gestellt, um der erhöhten Wohnraumnachfrage im Umland gerecht zu werden."
Die CDU müsse sich fragen lassen, ob sie fähig ist, auch lokal Verantwortung für die Landesentwicklung zu übernehmen. Die Bürgermeisterin Ines Hübner (SPD) warnte davor, dass die Stadt mit diesen Beschlüssen an Einfluss verliere.
CDU und Pro Velten weisen die Kritik zurück. CDU-Landesgeschäftsführer Gordon Hoffmann erklärte am Freitag in der Berliner Zeitung, dass es keine Kooperation mit Rechtsaußen gegeben habe. Es sei kein gemeinsamer Antrag von CDU und AfD und NPD, sondern ein Antrag einer demokratischen Fraktion gewesen, dem die CDU zugestimmt habe, aber eben auch andere Parteien. "Darin einen Tabubruch zu sehen, halte ich für eine absolute Hysterie", so Hoffmann gegenüber der Zeitung. Der Veltener CDU-Fraktionschef Marcel Ruffert, der mit den Abgeordneten von AfD und NPD stimmte, soll sich auf Nachfrage der Berliner Zeitung am Freitag nur dahingehend geäußert haben, dass er "jetzt nicht reden könne, da er beschäftigt sei".
Die Wählerinitiative Pro Velten ließ verlautbaren, dass die Linke die Abstimmung nutze, um zu polemisieren. Marcel Siegert, der Chef der Stadtverordnetenversammlung, sagte: "Die Abstimmung hat nichts mit den Verhältnissen in Thüringen zu tun." Pro Velten habe den Antrag zum Moratorium gestellt und hält sich als stärkste Fraktion seit 2014 an die Regel, dass ein Antrag nicht danach bewertet werde, wer in gestellt hat, sondern danach, was inhaltlich drin steht.
"Wir suchen uns inhaltliche Mehrheiten, und die aktuellen Vorwürfe zeigen, dass die linke Seite offenbar nicht akzeptieren kann, dass das Ergebnis einer demokratischen Abstimmung nicht ihren Vorstellungen entspricht", so Siegert in der Berliner Zeitung. Die Vorwürfe von den Linken trügen nicht dazu bei, dass konstruktiv miteinander gearbeitet werden könne. "Das ist blanker Populismus, und der scheint nicht nur vom rechten Rand zu kommen."
Die Linke wiederum hält den anderen Parteien laut dem Zeitungsbericht vor, dass sie bereits im Dezember 2019 gemeinsam gestimmt hätten, dass dieses Verhalten also Methode habe. Damals ging es darum, ob das Stadtjournal so verändert werden soll, dass die Fraktionen dort auch Dinge veröffentlichen können, über deren Inhalt sie ganz allein entscheiden. Dabei wurde damals von Pro Velten, CDU, AfD und NPD beschlossen, dass das Statut des Stadtjournals so geändert wird, dass auch die NPD dort publizieren darf.
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