Meinung

Rückfall in die Barbarei: Marie-Agnes Strack-Zimmermann

Strack-Zimmermann kritisiert den UN-Generalsekretär. Ihre Begründung zeigt, dass sie von den aktuellen Konflikten keine Ahnung hat. Es fehlt ihr an Expertise. Zudem befürwortet sie Gewalt als Mittel der Konfliktlösung. Sie fällt aus der Zivilisation. Strack-Zimmermann ist "ungeeignet".
Rückfall in die Barbarei: Marie-Agnes Strack-ZimmermannQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Achille Abboud

Von Gert Ewen Ungar

Es ist ein bizarrer Kommentar, in dem die Rüstungslobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) UN-Generalsekretär António Guterres kritisiert. Er ist in seiner Absurdität dennoch bemerkenswert, denn er macht gleich auf mehrere Schieflagen in Deutschland aufmerksam. Strack-Zimmermann halte Guterres für "ungeeignet", sagte sie gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa), denn

"der Kampf um eine neue Weltordnung ist im schlechtesten Sinne in vollem Gange. Statt seinen Job zu machen, redet UN-Generalsekretär Guterres den Antidemokraten das Wort, unterschlägt die Gräuel der Kriege in der Ukraine und in Syrien und setzt die völkerrechtswidrigen Angriffe auf diese beiden Länder mit dem legitimen Selbstverteidigungsrecht Israels gleich."

Es stellt sich unmittelbar die Frage, was Strack-Zimmermann mit "völkerrechtswidrigem Angriff auf Syrien" meint. Es gibt eigentlich nur zwei Länder, die Syrien in den letzten Jahren völkerrechtswidrig angegriffen haben. Das sind die USA mit der Unterstützung der NATO-Staaten, darunter übrigens auch Deutschland. Und dann natürlich noch Israel. Diese Länder wird sie nicht meinen. Die USA haben Syrien überfallen und halten inzwischen Teile von Nordsyrien besetzt. Israel bombardiert regelmäßig syrisches Gebiet und hält seit 1967 die zu Syrien gehörenden Golanhöhen besetzt.

Strack-Zimmermann meint natürlich Russland und den Iran, die allerdings Syrien nicht überfallen haben, sondern auf Einladung der syrischen Regierung das Land beim Kampf gegen den Terrorismus unterstützen. Sie sind im Gegensatz zu den Militärs westlicher Länder in völliger Übereinstimmung mit dem Völkerrecht vor Ort. Strack-Zimmermann glänzt durch Unkenntnis. 

Ob dagegen Israel im aktuellen Konflikt das von Strack-Zimmermann behauptete "Recht zur Selbstverteidigung" hat, ist fraglich. Israel wurde nicht von einer ausländischen Macht überfallen. Es ist vielmehr so, dass Israel palästinensische Gebiete besetzt hält. Die Palästinenser kämpfen gegen die Besatzer. Man kann über die angewandten Mittel und ihre Angemessenheit diskutieren, aber der Widerstand gegen das israelische Besatzerregime ist zunächst einmal legitim. 

Nun ist es nichts Neues, dass Strack-Zimmermann Desinformation und Fakenews streut. Das macht sie immer – es ist ihr tägliches Geschäft. Sie behauptet beispielsweise, Russland führe einen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine und wolle das Land auslöschen. Das ist absoluter Blödsinn. Russland setzt in der Ukraine militärisch seine Sicherheitsinteressen um, nachdem dies zuvor lange Jahre auf dem Verhandlungswege nicht funktioniert hat. Westliche und deutsche Politik gestehen Russland nicht die Sicherheit zu, die sie für sich selbst einfordern. Das ist der Auslöser des Konflikts und darin liegt auch seine Lösung.

Strack-Zimmermann verzerrt dies und behauptet, Putin sei ein Diktator mit irren Auslöschungsphantasien. Dass sie dieses Schauermärchen erzählt, hat seinen Grund. Sie hat als Rüstungslobbyistin selbstverständlich kein Interesse an Frieden. Strack-Zimmermann will einen langen Krieg und eines ihrer Mittel, dies zu erreichen, ist, die deutsche Öffentlichkeit über die Fakten des Konflikts hinters Licht zu führen.

Nun wäre das in einem Land mit einer intakten Medienlandschaft nicht weiter schlimm. Politiker lügen oft und vor allem regelmäßig. In Deutschland übrigens besonders häufig. Das hat vermutlich mit der eingeschränkten Souveränität des Landes zu tun. Aber das ist ein anderes Thema. Um dieses Manko der Lügerei in der Politik auszugleichen, gibt es freie und unabhängige Medien, deren Aufgabe darin besteht, diese Lügen aufzudecken und geradezurücken. In anderen Ländern funktioniert das, in Deutschland nicht. 

Dass der propagandistische Unsinn, den Strack-Zimmermann von sich gibt, in der Bundesrepublik meist unwidersprochen stehen bleibt, zeigt, dass die deutschen Medien ihren journalistischen Auftrag längst aufgegeben haben. Sie machen mit der Politik gemeinsame Sache, bedienen das gleiche Narrativ, das auch Strack-Zimmermann bedient. Es hat mit der Realität nichts zu tun, unterteilt die Welt in schlichtes Schwarz und Weiß, in Autokraten dort und die Demokratie hier, obwohl diese Unterkomplexität den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht wird.

Dass Strack-Zimmermann ihre Desinformation nahezu täglich unter die Leute bekommt, verweist auf die degenerative Entwicklung des deutschen Journalismus und der von ihm moderierten Öffentlichkeit.

Deutschland versinkt in Desinformation und informeller Einseitigkeit, in als Realität vorgetragener Wunschvorstellung. Dass Strack-Zimmermann zwar regelmäßig in den sozialen Netzwerken widersprochen wird, ihre Absurditäten in den großen Medien aber als Expertenmeinung weitergegeben werden, zeigt, dass viele Bundesbürger zu weitaus größerer Einsicht in politische Zusammenhänge in der Lage sind, als die veröffentlichte Meinung des deutschen Mainstreams und ihre Journalisten.

Strack-Zimmermann hält Guterres für ungeeignet und projiziert damit eine deutsche Sicht auf die Vereinten Nationen, denn der UN-Generalsekretär verurteilt die Gewalt Israels und mahnt die Einhaltung des Völkerrechts an. Das wiederum wirft einen Fokus auf Deutschlands Verhältnis zum Völkerrecht. Die UN wurde mit dem Ziel gegründet, künftige Kriege zu vermeiden. Zentral ist das Gewaltverbot.

Die Staaten sind aufgefordert, ihre Streitigkeiten friedlich beizulegen. Von diesem Grundsatz hat sich Deutschland inzwischen verabschiedet. Vielfach wird im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg auf die Resolution der UN-Generalversammlung verwiesen, in der Russland zum Rückzug aus der Ukraine aufgefordert wird. Nicht hingewiesen wird in deutschen Medien auf den Passus in der Resolution, in der die Staaten dazu aufgefordert werden, ihre diplomatischen Bemühungen zur Konfliktbeilegung deutlich zu erhöhen. Deutschland hat die diplomatischen Beziehungen zu Russland faktisch abgebrochen und setzt ausschließlich aufs Militär.

Als Politikerin steht Strack-Zimmermann für diesen zivilisatorischen Rückfall der Bundesrepublik. Sie befürwortet Gewalt als Mittel zur Lösung von Konflikten, sowohl in der Ukraine als auch in Nahost. Nicht Guterres ist ungeeignet. Über die innere Verfassung der in der UN versammelten Staaten haben weder Guterres noch Strack-Zimmermann zu befinden, denn neben dem Gewaltverbot ist das Prinzip der Nichteinmischung für die internationale Ordnung fundamental. Auch über diesen Grundsatz ist Strack-Zimmermann offenbar falsch informiert, wie ihrer Einlassung deutlich macht.

Deutschland verstößt auch gegen dieses Prinzip permanent. Die Idee jedenfalls, über Waffenlieferungen die Ukraine in den Stand zu versetzen, einen Sieg über Russland zu erringen, um dann dort Putin abzusetzen, ist ein Rückfall in die Barbarei, die Deutschland gleich zwei große Niederlagen bereitet hat. Es verstößt gegen die zentralen Grundsätze der internationalen Ordnung, wie sie nach 1945 etabliert wurde. Diese Ordnung wird nicht von irgendwelchen Autokratien, sondern von der BRD und konkret von Politikern wie Strack-Zimmermann bedroht.  

Nicht Guterres ist ungeeignet, Strack-Zimmermann ist es. Sie steht wie viele andere deutsche Politiker für eine repressive, reaktionäre Ordnung und für das Recht des Stärkeren als Mittel zur Konfliktlösung zwischen Staaten. Mit Politikern wie Strack-Zimmermann fällt Deutschland erneut aus der Zivilisation, denn es fällt hinter den Gründungsgedanken der UN zurück. 

In der Bundesrepublik bekommt man davon wenig mit, denn die Deutschen werden von dieser Sicht auf Deutschland medial gut abgeschirmt. Die BRD steht für das moralisch Gute und hat außerdem immer recht, ist der Tenor in den deutschen Medien. Dabei ist deutsche Politik inzwischen weitgehend isoliert, nicht nur was ihre Haltung zu Israel und zum Krieg in der Ukraine angeht.

Der geht zu Ende. Die Ukraine verliert ihn. Politiker wie Strack-Zimmermann werden sich absehbar dafür zu verantworten haben, dass eine ganze Generation ukrainischer Männer für den irren Plan sterben musste, die Ukraine mittels deutschen Waffenlieferungen zu einem Sieg über Russland zu befähigen und damit die deutsche Rüstungsindustrie zu fördern. Das wird das künftige Verhältnis Deutschlands zur Ukraine dominieren. Guter und unabhängiger Journalismus würde nicht nur die deutsche Öffentlichkeit, sondern auch die Täter in der deutschen Politik mit dieser absehbaren Entwicklung konfrontieren, denn es kommen harte Zeiten auf die BRD zu. Mit Politikern wie Strack-Zimmermann hat Deutschland alle seine historischen Fehler wiederholt, wird die Erkenntnis sein, der sich die Bundesrepublik zu stellen hat. 

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