Meinung

Die französischen Bauern säen den Samen der Revolution gegen die Eliten in Paris

Paris bewertet das Brüsseler Diktat höher als die Interessen der Menschen, die Frankreich mit Nahrungsmitteln versorgen und die Landschaft pflegen. An erster Stelle der EU steht, dem Klimawandel entgegenzuwirken und die Ukraine zu unterstützen.
Die französischen Bauern säen den Samen der Revolution gegen die Eliten in ParisQuelle: Legion-media.ru © Bertrand-Hillion Marie-Paola/Aba

Von Rachel Marsden

Die französische Regierung bemüht sich darum, eine ganze Flotte von Traktoren von den Hauptstraßen des Landes fernzuhalten. Viel Glück damit, denn laut einer neuen Umfrage des Instituts Odoxa unterstützen 89 Prozent der französischen Bürger die protestierenden Bauern.

Frankreich schließt sich einer Bewegung an, die mittlerweile auf fast ein Fünftel der EU übergegriffen hat, wobei Landwirte in fünf der 27 Länder der Union entweder durch das Fahren mit Traktoren im Konvoi die Hauptstraßen verstopfen oder diese gleich gänzlich blockieren. Zu den Landwirten in Polen, Rumänien, Deutschland und den Niederlanden gesellen sich nun auch ihre Kollegen aus jenem Land, das praktisch ein Synonym für Revolution ist. Und ein besonderer Vorfall hier in Frankreich hat die entstehende Bewegung gerade erst auf Hochtouren gebracht.

Alexandra Sonac, eine 35-jährige Rinder- und Maisbäuerin aus Südfrankreich, und zwei ihrer drei Familienmitglieder wurden am 23. Januar in den frühen Morgenstunden bei einer Blockade einer Straße in der Nähe von Toulouse von einem Auto gerammt. Sonac und ihre 12-jährige Tochter wurden auf der Stelle getötet, während ihr Mann noch immer auf der Intensivstation liegt. Der Vorfall wird derzeit untersucht, aber was dem Ganzen noch eine zusätzliche Brisanz verleiht, ist, dass gegen die drei armenischen Insassen des Fahrzeugs, das die Familie umgefahren hat, Berichten zufolge Verfügungen zur Ausweisung aus Frankreich vorliegen.

Die Symbolik hier ist eklatant. Eine produktive Bäuerin, die sich der wirtschaftlichen Unterdrückung durch die Regierung widersetzen wollte, wurde von jemandem getötet, der die Vorteile der Nachlässigkeit derselben Regierung genießt. Laut aktuellen Statistiken wurden zwischen 2015 und 2021 nur zwölf Prozent der Verfügungen zur Ausweisung aus Frankreich vollzogen, eine der niedrigsten Quoten in Europa.

Die Klagen französischer Landwirte stimmen mit jenen ihrer Kollegen in der gesamten EU überein. Sie sind wütend auf ihre Regierungen, und zwar deshalb, weil ihre gewählten Staatsvertreter darauf bestanden haben, dass sie sich die enge Zwangsjacke anlegen, die ihnen von nicht gewählten technokratischen Tyrannen in Brüssel und ihrer von oben nach unten gerichteten, ideologisch gesteuerten Politik auferlegt wurde. Es gibt einen guten Grund, warum französische Landwirte in den vergangenen Tagen dieselbe EU-Flagge zerrissen oder verbrannt haben, die Präsident Emmanuel Macron bei seinen verschiedenen Auftritten unbedingt neben der französischen Trikolore platziert haben möchte.

Die Forderungen der Landwirte in der EU sind überall ähnlich. Sie wollen einen kompetitiven und fairen Preis für Treibstoff und Energie bezahlen, während die EU nicht nur eine kostspielige Klimapolitik durchgepaukt hat, die fossile Brennstoffe wie die Pest behandelt, sondern gleichzeitig auch beschlossen hat, "für die Ukraine" ihre eigene Versorgung mit günstigem russischem Gas zu kappen, durch das die europäische Wirtschaft angetrieben wurde. Dann wiederum beschloss man in Brüssel, die Einfuhrzölle und Steuern auf Waren und Dienstleistungen aus der Ukraine aufzuheben, woraufhin die EU mit Lkw-Fahrten aus diesem Land überschwemmt wurde, die billiger sind als die lokalen Anbieter. Dasselbe Lied bei den landwirtschaftlichen Produkten, die den EU-Preis unterbieten und nicht einmal den EU-Standards entsprechen, die europäische Landwirte auf eigene Kosten gezwungen sind, einzuhalten.

Die Landwirte wollen keine Almosen, aber sie wollen, dass die Regierungen auf die zunehmend höhere Besteuerung auf Kraftstoffe und Energie verzichten, mit denen sie die Staatskassen auffüllen wollen, die aufgrund ihrer ständig verfehlten Prioritäten so gut wie leer sind. Sie möchten auch, dass ihre nationalen Regierungen ihre Interessen gegen die Versuche Brüssels verteidigen, endlose Freihandelsabkommen mit Ländern abzuschließen, deren Landwirte nicht denselben Regulierungsdiktaten unterliegen wie jene in der EU. Gleichzeitig setzt Brüssel die Mitgliedsstaaten unter Druck – insbesondere die Niederlande –, um dort landwirtschaftliche Betriebe stillzulegen, weil die Ausscheidungen und Absonderungen ihrer Viehbestände nicht den Zielen ihrer Klimaschutzpolitik dienen.

Es ist keine Überraschung, dass der Durchschnittsbürger mit den Landwirten sympathisiert, da er es ebenso satthat, dass seine inkompetente, sture Regierung als weißer Samthandschuh für Brüssels eiserne Faust dient. Die Bürger sehen, wie ihre Gas- und Stromkosten ins Endlose steigen und ihre Kaufkraft bröckelt, während der französische Verteidigungsminister beispielsweise darüber spricht, wie der Ukraine-Konflikt eine wunderbare Chance für den militärisch-industriellen Komplex darstellt, der jedoch bisher vor allem als bequemer Vorfall für einen Vermögenstransfer vom Volk hin zu den Eliten gedient hat. Und als sich schließlich die Abgeordneten der französischen Nationalversammlung vergangene Woche eine monatliche Erhöhung ihrer Zulagen um 300 Euro genehmigten, um jene Inflation auszugleichen, die den Durchschnittsbürger erdrosselt, wurde ein weiteres Zeichen für ihre völlige Taubheit gesetzt.

Am Nachmittag des 24. Januar zündeten wütende französische Bauern direkt am Eingang zur Präfektur in Agen, im Südwesten Frankreichs, einen riesigen Haufen von alten Reifen und Stallmist an. Einige anwesende Landwirte verurteilten die Aktion, andere äußerten ihre Unterstützung – aber alle waren sich einig, dass sie die Nase voll haben. Bezeichnend ist, dass die Polizei und die Feuerwehr, die vor Ort waren, nur schleppend reagierten, als der Rauch fast die Höhe des Gebäudes erreichte, das als Symbol des französischen Staates gilt. Anscheinend haben sogar die Mitarbeiter an vorderster Front, die den staatlichen Institutionen dienen, die Nase voll von den Eliten des Establishments. Und das nicht nur in Europa, sondern auch anderswo im Westen.

Trucker des Canadian Freedom Convoy und ihre Unterstützer wurden vergangene Woche vor dem kanadischen Bundesgericht entlastet, nachdem ein Richter entschieden hatte, dass die Regierung von Premierminister Justin Trudeau verfassungsmäßige Grundrechte und Grundfreiheiten verletzte, als sie das Notstandsgesetz gegen protestierende Gegner der COVID-Mandate der Regierung ausrief. Die Tatsache, dass die kanadische Regierung die Sperrung von Bankkonten von Teilnehmern des Freedom Convoy anordnete, um von weiteren Protesten abzuschrecken, hätte der erste große Hinweis auf einen zunehmenden Autoritarismus sein müssen, doch offenbar bedurfte es eines Bundesrichters, um dies deutlich zu machen.

Deutsche Landwirte und Lkw-Fahrer, die Anfang dieses Monats damit begannen, Konvois zu bilden und quer durch das Land zu fahren, erzählten mir in Berlin, dass sie sich vom Freedom Convoy haben inspirieren lassen, als sie beschlossen, gegen die Anhebung der Steuern durch die Bundesregierung auf den Dieselkraftstoff ihrer landwirtschaftlichen Fahrzeuge zu protestieren. Dieser war ohnehin schon teuer genug wegen der fehlgeleiteten Energiepolitik der Regierung in Berlin, die auf einer ideologischen, reflexartigen Opposition gegen fossile Brennstoffe und günstigem Gas aus Russland beruht. Sowohl im Fall des Freedom Convoys als auch im Fall der Landwirte scheiterten groteske Versuche von Regierungen, die Demonstranten als eine Art Rechtsradikale darzustellen und die Eliten von ihrer Verantwortung zu entbinden.

Lastwagenfahrer, Bäcker, Studenten, Feuerwehrleute und Polizisten zeigten Zeichen der Solidarität mit den Bauern, unterstützt von einer überwältigenden und quantifizierten schweigenden Mehrheit. Und diese nationalen Bewegungen haben in Europa und der westlichen Welt einen gemeinsamen Nenner. Versuche, Spaltungen herbeizuführen, indem Großbetriebe gegen Kleinbauern oder rechts gegen links aufgewiegelt werden, scheitern.

Der französische Premierminister Gabriel Attal, der sein Amt erst am 9. Januar angetreten hat und sehr wahrscheinlich noch nicht mal den Weg zu den Toiletten in seinem neuen Bürokomplex kennt, bewegte sich am vergangenen Wochenende in die ländliche Region im Süden der Rhone. Dort sagte er: "Unsere Bauern sind keine Banditen, keine Umweltverschmutzer, keine Menschen, die Tiere quälen, wie man uns das manchmal erzählt." Wo erzählt man das? In Brüssel? An seiner Technik der Einschmeichelei könnte er durchaus noch etwas arbeiten. Es ist, als würde man zu einem Date erscheinen und sagen: "Hey, du bist ja gar nicht so verrückt, wie ich gehört habe." Was für ein Charmeur. Ich kann es kaum erwarten, zu sehen, wie dieses diplomatische Genie dieses ganze Chaos lösen wird.

An einem Treffen zwischen Attal und Vertretern der Landwirtschaft am vergangenen Montag nahm auch ein Delegierter der Union junger französischer Bauern teil. Ich habe mit mehreren ihrer Berufskollegen in Berlin bei der Protestkundgebung Anfang des Monats gesprochen – junge Landwirtschaftsunternehmer, die redegewandt und gebildet sind. Diese jungen Landwirte sagen, dass sie 80 Stunden die Woche arbeiten und das Gefühl haben, dass es dermaßen viel Bürokratie oder Verbote seitens der EU gibt, dass es lähmend ist. Und doch ist Frankreich verzweifelt daran interessiert, junge Menschen zu ermutigen, die Landwirtschaft als Beruf zu ergreifen, in einer Zeit, in der sich das Bauerntum hin zu einem aussterbenden Stand bewegt. Meine Güte! Ein großes Rätsel, warum das wohl so sein könnte, ihr Genies.

Der tragische Tod von Alexandra Sonac und ihrer Tochter wird für immer als Symbol des Kampfes gegen die Unterdrückung der Arbeiterklasse durch eine autoritäre Weltregierung gelten, die Chaos kreiert, weil sie Sonderinteressen bedient, die sich zunehmend von denen des Durchschnittsbürgers unterscheiden. Die zunehmenden Unruhen lassen sich durch noch so große Manipulationen der Regierungen nicht unterdrücken. Nur ein tiefgreifendes und grundlegendes Überdenken ihrer Beziehung zu ihren Bürgern, deren Interessen sie ausschließlich dienen sollten, könnte Hoffnung auf eine Lösung in dieser sich verschärfenden Krise geben.

Aus dem Englischen.

Rachel Marsden ist eine Kolumnistin, politische Strategin und Moderatorin eines unabhängig produzierten französischsprachigen Programms, das auf Sputnik France ausgestrahlt wird. Ihre Webseite findet man unter rachelmarsden.com

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