Wirtschaft

Bundesbank: Pläne, sich von China abzukoppeln, sind gefährlich – auch für die Banken

Die USA machen Druck in diese Richtung, die EU will "Abhängigkeiten reduzieren", und auch das Auswärtige Amt gönnte sich eine Anti-China-Strategie. Aus der Deutschen Bundesbank ist aber relativ klar zu hören: Lasst die Finger davon, das ist zu gefährlich.
Bundesbank: Pläne, sich von China abzukoppeln, sind gefährlich – auch für die BankenQuelle: www.globallookpress.com

Der Aufsatz "Risiken für Deutschland aus der wirtschaftlichen Verflechtung mit China" wurde als erster Text aus einem Monatsbericht noch vor dem Gesamtbericht veröffentlicht. Das kann man als Indiz für die Bedeutung dieses Beitrages sehen. Im Grunde handelt es sich dabei um eine, mit Zahlen und wirtschaftlichen Analysen gespickte, Stellungnahme zu den politischen Plänen.

Eher Nebenthema ist dabei die Frage, ob und inwieweit eine ökonomische Krise in China Rückwirkungen auf die deutsche Wirtschaft hätte ‒ dies wird relativ knapp verneint. Anders sieht es jedoch im Hinblick auf die Vorstellungen von "Abkoppeln" oder "De-Risking", wie die EU das lieber nennt, aus.

"Die deutsche Wirtschaft profitierte auf vielfältige Weise von dem wirtschaftlichen Aufholprozess Chinas. Insbesondere das Sortiment aus Investitionsgütern und Kraftfahrzeugen der deutschen Exporteure passte gut zum Bedarf des aufstrebenden Schwellenlands."

Abhängigkeiten und Risiken seien auch schlicht auf die wirtschaftliche Bedeutung Chinas zurückzuführen. Die jetzigen Probleme, wie etwa zunehmende Exportbeschränkungen Chinas bei Schlüsselmaterialien, seien aber ein Produkt politischen Handelns (tatsächlich waren die im Aufsatz erwähnten Beschränkungen für Gallium, Germanium et cetera die Retourkutsche für die US-Verbote bei Technologie zur Herstellung von Mikrochips).

Deutschland sei auf mehrfache Weise betroffen, sollten sich die Beziehungen weiter verschlechtern. Auch wenn die Gesamtmenge der deutschen Exporte nach China nicht sehr hoch sei, gäbe es starke Unterschiede zwischen den Branchen:

"Einige Branchen des verarbeitenden Gewerbes hängen aber deutlich stärker von der chinesischen Nachfrage ab. Hierzu zählen volkswirtschaftlich bedeutsame Bereiche wie Kfz, Maschinenbau, Elektronik und Elektrotechnik."

Wichtiger seien allerdings die Importe. Insgesamt beziehe Deutschland 13 Prozent seiner weltweiten Importe aus China.

"Bei einigen Vorleistungsgütern besteht eine hohe Abhängigkeit von China. Einen hohen China-Anteil gibt es etwa bei bestimmten elektronischen und elektrotechnischen Vorprodukten, darunter Akkus und Batterien, sowie bei einigen Rohstoffen wie seltenen Erden. Auch bei pharmazeutischen Wirkstoffen wie Antibiotika entfällt ein großer Anteil der importierten Menge auf China. Bei einer Reihe von Produkten ist es zudem kaum möglich, auf andere Lieferländer auszuweichen, da China die Produktion dieser Güter weltweit dominiert. Besonders ausgeprägt ist die Abhängigkeit gegenüber China bei einigen kritischen Rohstoffen. Diese sind nicht zuletzt für die Produktion von Elektromotoren, Windturbinen, Photovoltaikanlagen und anderen Zukunftstechnologien essenziell."

Im vergangenen Jahr veranstaltete die Bundesbank eine repräsentative Umfrage unter deutschen Unternehmen ‒ fast jedes zweite antwortete, wichtige Vorprodukte direkt oder indirekt aus China zu beziehen. Aber über 80 Prozent davon sagten, diese Güter ließen sich nur schwer ersetzen. Das sei ein "komplexer und langwieriger Prozess", fasst das die Bundesbank zusammen.

Bei den Direktinvestitionen in China dominierten Kfz, Maschinenbau und chemische Industrie ‒ die Automobilindustrie hat 30 Prozent ihrer Direktinvestitionen in China. Für die Firmen ist das sehr lohnend – obwohl nur 6 Prozent der deutschen Direktinvestitionen nach China gehen, "wurden in China 15 Prozent der weltweiten Vermögenseinkommen Deutschlands aus Direktinvestitionen erzielt". Aus diesem Grund würde mitnichten deutsches Kapital aus China abgezogen ‒ im Gegenteil, auch im vergangenen Jahr wurden die erzielten Gewinne in China reinvestiert.

Direkte deutsche Kredite nach China gebe es vergleichsweise wenig, deutlich weniger als beispielsweise in Großbritannien, das Forderungen in Höhe von 238 Milliarden Euro habe. Ein ernstes Problem könnten aber die Forderungen deutscher Banken gegenüber Unternehmen werden, die Direktinvestitionen in China besäßen.

"Ende 2022 beliefen sich die Forderungen inländischer Banken gegenüber den so exponierten Unternehmen auf fast 220 Mrd. Euro. Das entspricht dem Sechsfachen der direkten Forderungen gegenüber Kreditnehmern mit Sitz in China und fast 42 % des aggregierten harten Kernkapitals. Insbesondere systemrelevante Institute haben vergleichsweise hohe Gesamtforderungen."

Gleichzeitig hätten die deutschen Banken auch bedeutende Forderungen gegenüber jenen Branchen, die besonders stark nach China exportieren: Maschinenbau, Metallerzeugung sowie Schiff- und Luftfahrt. Außerdem müsse man jene Branchen berücksichtigen, die besonders stark auf Vorprodukte aus China angewiesen seien und die bei einem abrupten Abbruch der Beziehungen in Schwierigkeiten geraten könnten. Dazu kämen dann noch außerbilanzielle Risiken, wie etwa die Finanzierung ausländischer Zweckgesellschaften, die Forderungen gegenüber Töchtern in China haben.

Besonders exponiert sind die systemrelevanten Banken. Hier beliefen sich die Forderungen im Median auf mehr als 50 % des harten Kernkapitals. Dabei spielen außerbilanzielle Geschäfte eine dominierende Rolle. Ähnliches gilt für die Forderungen der kleineren Zweigstellen ausländischer Banken. Hingegen entfällt fast die Hälfte der bilanziellen Kreditforderungen auf Sparkassen."

Diese Aussage muss man ein wenig erläutern. Das Problem ist, dass beispielsweise eine Firma, die ein nicht ersetzbares Vorprodukt aus China bezieht, im Falle eines plötzlichen Abbruchs der wirtschaftlichen Beziehungen, wie es durchaus passieren könnte, wenn zum Beispiel die Vereinigten Staaten einen Krieg um Taiwan vom Zaun brächen, dadurch bankrottgehen können, wodurch die Forderungen, die die Bank gegen diese Firma hat, wenn überhaupt, dann nur noch zu einem Bruchteil eingetrieben werden können. Es geht aber nicht nur um eine Firma, es geht um ganze Branchen, und die Formulierung, die im Artikel der Bundesbank gebraucht wird, besagt, es würde dabei nicht nur die Großbanken erwischen, deren Probleme sich weiter verbreiten könnten (das ist es letztlich, was "systemrelevant" besagt – eine Pleite hier zieht viele weitere nach sich), sondern auch viele Sparkassen.

Die entscheidende Information ist das Verhältnis zwischen den Forderungen und dem "harten Kernkapital", weil damit das maximale Risiko beschrieben ist: Würde eine Bank es überstehen, wenn sie die Forderungen aus diesem Bereich komplett abschreiben müsste? Das Ergebnis der Bundesbank besagt: eher nicht.

"Nicht zuletzt wegen der größeren gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der Industrie erscheint Deutschland verwundbarer gegenüber Störungen in den Wirtschaftsbeziehungen zu China als die meisten anderen Länder des Euroraums oder die USA. […] Insgesamt würden die gesamtwirtschaftlichen Einbußen die Kosten der weitreichenden Abkopplung von Russland wohl klar in den Schatten stellen."

Auch wenn am Ende des Artikels dann die China-Strategie der Bundesregierung und die EU-Maßnahmen besser wegkommen als eine komplette Abkopplung – auch diese Vorhaben werden letztlich ins Reich der Utopie verwiesen. Man sagt es nur höflicherweise nicht so direkt.

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